Das vergangene Wochenende war eines der heißesten in Deutschland und dank einer Omega-Wetterlage herrschte stabiles Wetter über den Alpen. Einziger Haken war die mit dem Tagesverlauf zunehmende Gefahr von Gewittern infolge der Quellwokenbildung, doch das hinderte uns nicht daran die erste Hochtour des Jahres anzugehen. Ziel war die Dossenhütte (2663 m) im Berner Oberland, von wo aus wir über den Südostgrat zum Rosenhorn (3688 m) aufsteigen und anschließend über die Glecksteinhütte Richtung Grindelwald wieder absteigen wollten. Mit dem Auto ging es aus der Kurpfalz kommend nach Luzern und von dort aus weiter in Richtung Grimselpass, doch bevor wir diesen erreichten bogen wir kurz hinter Meiringen nach Westen Richtung Grindelwald ab. Die Straße ist mautpflichtig (8 CHF), wobei das Ticket auch das Abstellen des Autos auf einem der Parkplätze entlang der Straße erlaubt. Wir waren insgesamt zu fünft und vier stiegen in Rosenlaui (1327 m) aus. Zuvor hatten wir einen Fahrer auserkoren, der das Auto weiter Richtung Grindelwald zur PostAuto Haltestelle Grindelwald Abzweig Gleckstein (etwa 1550 m) brachte. Von dort aus konnte er mit dem PostAuto zurück zum Ausgangsort der Tour, Rosenlaui, fahren und wir wussten, dass wir am Ende der Tour direkt am Auto ankommen würden.
Der Aufstieg zur Dossenhütte war abwechslungsreich und begann zunächst noch in leichtem Nadelgehölz, das ein wenig Schatten spendete. Wobei natürlich klar war, dass wir schnell die Baumgrenze überschreiten und dann voll der Sonne ausgesetzt sein würden. Zunächst ging es über eine Klamm und dann rasch weiter…


… in Gelände, in dem vor Jahren (Jahrzehnten oder Jahrhunderten) ein Gletscher lag – von dem jedoch nicht mehr viel übrig ist. Einzig glatt polierte Steinplatten auf dem Boden und Moränen an den Seiten zeugen noch davon.


Der Weg ist abwechslungsreich und nur wenig steil. Erst die letzten Meter werden interessant, denn dann warten drahtseilversicherte Abschnitte in ganz leichter Kraxelei. Hier tun die Drahtseile guten Dienst, denn teilweise fließt das Wasser der Ausläufe des Rosenlauigletschers über den Weg und auf den glatt polierten Platten kann es bei widriger Witterung durchaus unangenehm werden.


An der Hütte angekommen waren wir nass vor Schweiß, die Sonne hatte uns ganz gut zugesetzt. Dank des Wechselkurses war die Erfrischung purer Luxus, immerhin kosteten 1,5 l Mineralwasser 10 CHF (= 10 EUR) und 1,5 l Apfelschorle 13 CHF (= 13 EUR). Doch Trinken ist in den Bergen wichtig und ich konnte an den Salzflecken auf der Oberseite der Träger meines Rucksacks erkennen, dass ich viel Wasser durch Schweiß verloren hatte.

Direkt hinter der Dossenhütte kann man den Dossengrat erkennen. Unser ursprünglicher Plan war es, vor dem Rosenhorn auch noch den Dossen zu überschreiten. Allerdings waren wir letztlich zu unsicher, ob beides möglich sein würde, denn schließlich lag die vorausgesagte Nullgradgrenze bei über 4800 m und die Gletscher auf unserer Tour waren alle nicht aper, sondern von einer dicken Schicht Firn überzogen. Wir wollten es vermeiden, am Ende mehr als nötig durch sulzigen Firn/Schnee zu stapfen und auch wegen der für uns nicht abzuschätzenden Gewitterneigung am Nachmittag entschieden wir uns, den Dossen aus der Tourenplanung zu löschen.

Am nächsten morgen starteten wir recht spät, zumindest verglichen mit den anderen Seilschaften, die sich ebenfalls zum Rosenhorn aufmachten. Wir frühstückten um 3:30 Uhr und starteten erst gegen 4:30 Uhr. Zunächst ging es durch die Ostflanke des Dossen zum Dossensattel, von wo aus wir auf die Westseite des Dossen wechselten und im Fels dessen Westseite in ganz leichter Kraxelei querten. Wir seilten an und gingen im Anschluss über das Ränfenjoch auf dem Rosenlauigletscher…


… zwischen Punkt 3507 und Rosenegg zu einem Firnaufschwung in der Verlängerung des Südostgrats des Rosenhorns. Auf dem Firnaufschwung zeigte sich dann im Westen erstmals einer der bekanntesten Berge der Welt – der Eiger.

Deutlich am Eiger zu erkennen ist im Vordergrund der Mitellegigrat, sowie der Übergang zum Mönch, auf dem ich vor zwei Jahren war. Im Übrigen – und das ist mir stets wichtig in diesem Zusammenhang zu erwähnen – ohne Benutzung der Jungfraubahn, sondern mit Aufstieg vom Lötschental über die Hollandiahütte weiter zur Mönchsjochhütte und retour. In mehr als einem Tag, aber ehlich und ohne Bahn. Doch zurück zum Rosenhorn: Nach dem Firnaufschwung ging es im Fels auf dem Südostgrat weiter. Leichte Kraxelei in grobem Blockwerk, ein absoluter Genuss und im Hintergrund immer die bekannten Größen des Berner Oberlands.

Als wir den Gipfel erreichten hatten wir Glück, die Seilschaften vor uns waren schon wieder auf dem Rückweg und wir hatten unsere Ruhe. Diese nutzen wir, um uns vor beeindruckender Kulisse zu stärken.

Beim Abstieg folgten wir dem Aufstiegsweg zurück zum Rosenegg und querten zu Punkt 3339 hinüber. Von dort aus hatten wir dann erstmals einen beeindrucken Blick auf Grindelwald. So langsam begann ich zu verstehen, was in all den Filmen und Dokumentationen gemeint ist, wenn der Eiger wie eine Bühne über Grindelwald steht. Tatsächlich steht der Eiger beeindruckend über Grindelwald und auch wenn er niedriger als der benachbarte Mönch ist, so ist er doch um ein Vielfaches beeindruckender und durch seine steile Nordwand beängstigender.

Ab Punkt 3339 war es mit der Wegfindung etwas komplizierter – was zugegebenermaßen auch an meinem nicht gerade optimal ausgeprägten Orientierungssyinn lag. Irgendwie gab es eine Diskrepanz zwischen Realität und Karte. Wir folgten den Spuren nach Westen und gelangten an einen Abseilpunkt, den mit Absicht zu finden uns wohl sehr schwer gefallen wäre, hätte es nicht schon eine Spur gegeben. Dabei bietet sich diese Stelle für den Abstieg an, denn aus unserer Perspektive sah der potentielle Weg über den oberen Grindelwaldgletscher steil, sulzig, länger und insgesamt nicht sehr einladend aus.

Nach dem Abseilen querten wir kurz das Schneefeld auf etwa 2600 m Höhe und stiegen zur Glecksteinhütte ab. Nach Verlassen des Schneefeldes nach Westen hin ist der Weg markiert und rasch erreichten wir in nun zunehmender Hitze die Hütte, auf der wir uns erst einmal mit Wasser versorgten.



Nach der Stärkung wollten wir zügig zurück zum Auto, immerhin hatten wir noch einen langen Weg zurück in die Kurpfalz hinter uns und stiegen flott in Richtung Grindelwald, beziehungsweise zum PostAuto Halt Grindelwald Abzweig Gleckstein ab.


Alles in allem war die Tour wegen der extremen Hitze ziemlich schweißtreibend: Im Tal war die Hitze unmittelbar zu spüren, auf dem Berg sanken wir teilweise knietief in den Schnee und die Sonne wurde vom Schnee gnadenlos reflektiert. Dennoch eine sehr lohnende und nicht allzuschwere Tour, die vor allen Dingen durch die unheimliche Weite und die tollen Blicke auf die bekannten Berge des Berner Oberlandes reizvoll wird.
Einige Eckpunkte und Informationen zur Tour:
- Die Straße zwischen Meiringen und Grindelwald ist mautpflichtig, wobei die Maut auch zum Parken berechtigt. Die Kosten belaufen sich auf 8 CHF pro Fahrzeug.
- Zwischen Rosenlaui und der Haltestelle Grindelwald Abzweig Gleckstein fährt ein PostAuto. Kostenpunkt knapp über 23 CHF pro Person. Der Bus fährt stündlich.
- Die Gehzeiten ganz grob bei insgesamt moderatem Tempo (ja, die Hitze…) und ohne Pausen:
- Rosenlaui – Dossenhütte: 3 h
- Dossenhütte – Dossensattel: 1 h
- Dossensattel – Rosenegg: 2h
- Rosenegg – Rosenhorn – Rosenegg: 1,5 h
- Rosenegg – Abseilstelle: 1,5 h
- Abseilstelle – Glecksteinhütte: 1h
- Glecksteinhütte – Grindelwald Abzweig Gleckstein: 1,25 h (OK, hier waren wir mit teilweise 1000 mH/Stunde unterwegs und recht flott, gemütlich sind es 2 h)
- Mit 2x 50 m Halbseilen ausgerüstet kann man beim Abseilen Zeit gewinnen und statt dreimal nur zweimal abseilen. Die Abseilstelle findet sich südlich des Hick (3126 m). Hier gibt es eine KML Datei mit Koordinaten zur Abseilstelle – einfach unter map.geo.admin.ch über Erweiterte Werkzeuge – KML Import in die Topokarte importieren.
- Auf dem Südostgrat des Rosenhorns muss man etwas mit den Händen arbeiten, aber mehr als der erste Grad (UIAA) wird nicht gefordert.
- Die Dossenhütte hat ein tolles und unheimlich freundliches Hüttenteam, das Essen war nicht nur lecker, sondern auch reichhaltig! 66 CHF sind für eine Nacht in Halbpension inklusive Marschtee zu entrichten.
In diesem Sinne
Martin
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